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(S. 124)



4.3.3 Text-Bild-Verhältnis

Auch in diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal (s. auch S.83) auf das Text-Bild-Verhältnis eingehen. (Details verdanke ich einer Magisterarbeit von M.Korn, Untersuchungen zur graphischen Darstellung wiss. Theorie. Hamburg 1982).

Folgende Typen kommen vor

1) Abbildung eines im Text genannten Objekts (Photo, Grundriß etc.)
2) Schaubildliche Umsetzung von Textdaten (Histogramm, Kurve etc. )
3) Graphisches Modell begrifflicher Zusammenhänge (Grafik i.e.S.)
Die Eingliederung in den Text erfordert besonders bei (2) und (3) etwas Aufwand und folgt den beiden Typen: (S. 125)
 

Abb. 14. Textorientierte und Bildorientierte Anordnung
 

Versucht man nun, einen genaueren Zusammenhang zwischen Textelementen und Bildelementen herzustellen, so zeigt sich die erste Anordnung als etwas problematisch. Wenn bei der bildorientierten Darstellung möglichst viele Elemente besprochen und mit der dahinterstehenden Hypothese (vgl. Stachowiak 1973) in konkreten Bezug gesetzt werden, so ist die Funktion in der textorientierten Darstellung eher die einer holistischen Zusammenfassung. Zweifellos hat die Grafik (man kann etwa an ein Kommunikationsmodell denken) gegenüber dem Text den Vorteil, daß der Leser noch weitergehend die Lese- und Verstehensprozesse bestimmt als bei Texten (oder gar gegenüber gesprochener Sprache). Solche Grafiken kann man von verschiedenen Seiten beginnend abarbeiten, man kann vom Detail zum Ganzen gehen, man kann von einem Gesamteindruck zu den Details gehen etc.

Wenn nun in textorientierter Darstellung keine eindeutigen Korrespondenzen in bezug auf Objekte und Relationen (z. B. Kästen und Prozeßpfeile) vereinbart sind, ist die Lesart einer Grafik gegenüber dem Text aber relativ unkontrolliert. Hinzu kommt, daß derartige Grafiken nicht formal eindeutig interpretierbar sind. Nicht einmal die Syntax ist graphentheoretisch beschreibbar. Darüber hinaus sind aber wahrnehmungspsychologisch so wichtige Eigenschaften (Daucher 1967) wie

Lage im Raum, Größe, Nähe,  (S. 126)   Helligkeit, Gleichheit, Seltenheit, Grenzen, Gestaltungsinterpretation und ähnliches
völlig unkontrolliert. Schlimmstenfalls kommt es zu Inkonsistenzen zwischen Text- und Bildverstehen.
Offenbar ist aber das Bedürfnis nach visueller Parallelinformation sowohl für den Autor als auch für den Leser sehr wichtig. Eigenartigerweise sind auch rein begriffliche Texte (in Geisteswissenschaften) daher oft gekennzeichnet von einer topologischen Metaphorik, so daß man z. B. von einer argumentativen Topologie sprechen könnte. Dort kommen vor:
einerseits, andererseits, höherrangige Ziele, Hintergrund, Raum, gebunden an, etc.
Hieraus könnte man möglicherweise ableiten, daß Grafiken in wissenschaftlichen Texten auch die Funktion erfüllen, eine konkretisierende Topologie seitens des Lesers zu steuern oder zu korrigieren.
 


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