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(S. 120)






4.3.1 Kohärenz

Die Zielorientiertheit von fachlichen Texten führt meist dazu, daß sie explizit kohärent formuliert werden (v. Hahn 1980). Besonders die direkte Wiederaufnahme, in nichtfachlichen Texten stilistisch problematisch, wird als strengstes Mittel der Eindeutigkeitssicherung verwendet.

Beispiel:

Die Beamten, Angestellten und Arbeiter an den Hochschulen sind Angebörige des öffentlichen Dienstes der Freien und Hansestadt Hamburg. Dienstvorgesetzter aller Angebörigen des öffentlichen Dienstes an den Hochschulen ist...
Teilweise wird dann eine explizite Substitution vorgenommen:
. . . im folgenden "der Beklagte" genannt. . .
Entsprechend scheinen Pronominalisierungen bei weitem nicht die Rolle zu spielen, wie in aktuellen Dialogen mit einem Informationssystem (allerdings in Englisch) festgestellt wurde (Thompson 1980). Ebenfalls auf englischem Material fußend beschreibt Hirst (Hirst 1979, vgl. auch Grosz 1982) die formalen Analyseverfahren für Anaphora in zweckorientierten Texten (Algebraische Texte, Räumliche Handlungsbeschreibungen, Geologie, Bauanleitung). Die zwei daraus zu entnehmenden Haupttechniken sind auch im Deutschen anwendbar, vorausgesetzt, daß man ein Konzept des Hintergrundwissens in seine Sprachtheorie einbezieht:

Kohärenz verläuft parallel zu einem hinter der Kommunikation stehenden "technischen" Handlungsziel. Der Zusammenhang der Textelemente ergibt sich aus den Schritten entlang einem Hand  lungsbaum.   (S. 121)  Dieser Baum ist entweder im Sinne eines Verfahrens festgelegt (Bauanleitung, Bearbeitungsweg, Arbeitsvorschrift) oder wird durch festliegende Methoden aktuell aufgebaut. Der "Fokus" des jeweiligen Satzes in einem Text ist ein erreichter Punkt eines solchen Schemas.

Ähnlich definiert Schonebohm (Schonebohm 1979) seine Texttypen an Handlungsrollen in einem wirtschaftlichen Korrespondenz-Kontext.

Gegenüber dieser starken referentiellen Bindung der Kohärenz werden auch eher konzeptuelle Relationen zwischen Textelementen zur Analyse der Fachtexte herangezogen. Gefunden wurden von Hirst folgende Hauptrelationen (benannt ist die Funktion des zweiten Elements zum ersten):

Wirkung, Grund, SchluSfolgerung, Ausführung (Erläuterung), Gegensatz, Parallelismus, Beispiel, Zeitfolge.
Derartige Relationen sind in Fachtexten sehr häufig durch Konjunktionen bzw. adverbiale Ausdrücke markiert und durch Absätze formal kenntlich gemacht (Beispiele von uns):
 
 
 
Textrelation
Beispiele
Wirkung Damit haben wir ...
Was geschiehte ? Der Organismus färbt sich . . .
Grund Begründung: . . .
Das liegt an folgender Eigenschaft. . .
Paß auf, das kommt daher, . . .
Schlußfolgerung Folglich
Das läßt den folgenden Schluß zu: . . .
Also: . . .
Demnach: . . .
Ausführung Genau genommen . . .
Im einzelnen
Dazu legt man den Bügel um.
Gegensatz Andererseits
Demgegenüber . . .
Parallelismus Ganz ähnlich reagiert
Sinngemäß ist zu uerfahren
In analoger Weise

  (S. 122)

Beispiel Beispiel
z.B. . . .
etwa . . .
Man stelle sich ein . . . vor. ..
Zeitfolge Im folgenden. . .
Anschließend wird. . .
Nun kann. . .
Vor Inbetriebeahme. . .

In mündlicher Rede wird häufig durch absolutes

Gut, So, Also, Ja, Nun
gegliedert bzw. die Beendigung eines Handlungsschritts angezeigt.

Eine Spezialfall der Kohärenz stellen Formulare (i. e. S) dar, bei denen eine Handlungsfolge und die damit verbundenen sprachlichen  Ausdrücke so stereotyp sind, daß nur noch eine Spezifizierung und  ein Vollzugszeitpunkt festgelegt werden muß. Der Spielraum ist  extrem eng. In der mündlichen Rede sind Segelkommandos ein vergleichbares Beispiel. Mit einem Ist klar wird nur noch der Zeitpunkt des möglichen Beginns eines Manövers gekennzeichnet. Der Text ist nicht wählbar und bietet keine Alternativen.
 


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