4.3.1 Kohärenz
Die Zielorientiertheit von fachlichen Texten führt meist dazu, daß sie explizit kohärent formuliert werden (v. Hahn 1980). Besonders die direkte Wiederaufnahme, in nichtfachlichen Texten stilistisch problematisch, wird als strengstes Mittel der Eindeutigkeitssicherung verwendet.
Beispiel:
Die Beamten, Angestellten und Arbeiter an den Hochschulen sind Angebörige des öffentlichen Dienstes der Freien und Hansestadt Hamburg. Dienstvorgesetzter aller Angebörigen des öffentlichen Dienstes an den Hochschulen ist...Teilweise wird dann eine explizite Substitution vorgenommen:
. . . im folgenden "der Beklagte" genannt. . .Entsprechend scheinen Pronominalisierungen bei weitem nicht die Rolle zu spielen, wie in aktuellen Dialogen mit einem Informationssystem (allerdings in Englisch) festgestellt wurde (Thompson 1980). Ebenfalls auf englischem Material fußend beschreibt Hirst (Hirst 1979, vgl. auch Grosz 1982) die formalen Analyseverfahren für Anaphora in zweckorientierten Texten (Algebraische Texte, Räumliche Handlungsbeschreibungen, Geologie, Bauanleitung). Die zwei daraus zu entnehmenden Haupttechniken sind auch im Deutschen anwendbar, vorausgesetzt, daß man ein Konzept des Hintergrundwissens in seine Sprachtheorie einbezieht:
Kohärenz verläuft parallel zu einem hinter der Kommunikation stehenden "technischen" Handlungsziel. Der Zusammenhang der Textelemente ergibt sich aus den Schritten entlang einem Hand lungsbaum. (S. 121) Dieser Baum ist entweder im Sinne eines Verfahrens festgelegt (Bauanleitung, Bearbeitungsweg, Arbeitsvorschrift) oder wird durch festliegende Methoden aktuell aufgebaut. Der "Fokus" des jeweiligen Satzes in einem Text ist ein erreichter Punkt eines solchen Schemas.
Ähnlich definiert Schonebohm (Schonebohm 1979) seine Texttypen an Handlungsrollen in einem wirtschaftlichen Korrespondenz-Kontext.
Gegenüber dieser starken referentiellen Bindung der Kohärenz werden auch eher konzeptuelle Relationen zwischen Textelementen zur Analyse der Fachtexte herangezogen. Gefunden wurden von Hirst folgende Hauptrelationen (benannt ist die Funktion des zweiten Elements zum ersten):
Wirkung, Grund, SchluSfolgerung, Ausführung (Erläuterung), Gegensatz, Parallelismus, Beispiel, Zeitfolge.Derartige Relationen sind in Fachtexten sehr häufig durch Konjunktionen bzw. adverbiale Ausdrücke markiert und durch Absätze formal kenntlich gemacht (Beispiele von uns):
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Wirkung | Damit haben wir ...
Was geschiehte ? Der Organismus färbt sich . . . |
Grund | Begründung: . . .
Das liegt an folgender Eigenschaft. . . Paß auf, das kommt daher, . . . |
Schlußfolgerung | Folglich
Das läßt den folgenden Schluß zu: . . . Also: . . . Demnach: . . . |
Ausführung | Genau genommen . . .
Im einzelnen Dazu legt man den Bügel um. |
Gegensatz | Andererseits
Demgegenüber . . . |
Parallelismus | Ganz ähnlich reagiert
Sinngemäß ist zu uerfahren In analoger Weise (S. 122) |
Beispiel | Beispiel
z.B. . . . etwa . . . Man stelle sich ein . . . vor. .. |
Zeitfolge | Im folgenden. . .
Anschließend wird. . . Nun kann. . . Vor Inbetriebeahme. . . |
In mündlicher Rede wird häufig durch absolutes
Gut, So, Also, Ja, Nungegliedert bzw. die Beendigung eines Handlungsschritts angezeigt.
Eine Spezialfall der Kohärenz stellen Formulare
(i. e. S) dar, bei denen eine Handlungsfolge und die damit verbundenen
sprachlichen Ausdrücke so stereotyp sind, daß nur noch
eine Spezifizierung und ein Vollzugszeitpunkt festgelegt werden muß.
Der Spielraum ist extrem eng. In der mündlichen Rede sind Segelkommandos
ein vergleichbares Beispiel. Mit einem Ist klar wird nur noch der
Zeitpunkt des möglichen Beginns eines Manövers gekennzeichnet.
Der Text ist nicht wählbar und bietet keine Alternativen.