Walther v.Hahn Institut für Germanistik I
 
 

HINWEISE  ZUR ANFERTIGUNG VON HAUSARBEITEN

(SEMINAR-, STAATSEXAMENS- UND MAGISTERARBEITEN)

(1) Sinn dieses Papiers


Die folgenden Vorschläge sind nicht als Vorschrift zu verstehen, sondern eher als Beschreibung eines gängigen Musters. Sie dienen ggf. nur der Prüfung, ob die (sinnvolle, themenspezifische) eigene Abweichung von diesen Vorschlägen motiviert ist und dem Leser auch klar wird.
 

(2) Logik und Einsichtigkeit


Auch einem nicht fachkundigen Leser sollte nach der Lektüre Ihrer Arbeit glasklar sein:

(a) was will die Arbeit? (Ziel)
(b) wie hat sie das gemacht? (Methode)
(c) wie ist der Gang der Argumentation? (Durchführung)
(d) was kommt dabei heraus? (Ergebnis)
(e) welches ist der eigene Beitrag? (Leistung)

Es kommt bei der Qualität einer Arbeit wesentlich darauf an, daß in den entsprechenden Kapiteln die hier genannten Fragen ausdrücklich, eindeutig und zusammenhängend beantwortet werden.
 

(3) Gliederung

Die Einteilung einer Arbeit in Abschnitte und Unterabschnitte ist keine Frage einer gefälligen graphischen Form, sondern sie ist Ergebnis der inneren Logik einer Arbeit bzw. der Aufgabe. Daher muß die Gliederung den Gang der Argumentation spiegeln. Natürlich macht man eine solche Gliederung, bevor man den Text schreibt; eine Vorform der Gliederung liegt (hoffentlich) bereits den Vorarbeiten zugrunde.

Diese Gliederung auch bei kürzeren Arbeiten als Inhaltsverzeichnis der Arbeit voranzustellen, ist nie verkehrt.
 

(4) Strukturierung

Beginn und Ende eines Kapitels oder Abschnitts müssen dazu genutzt werden, dem Leser Das sollte durchaus ganz direkt geschehen:
"In diesem Teil haben wir das Entstehen des Problembewußtseins über Schlumpfologie nachgezeichnet, so daß die Voraussetzungen unserer Untersuchung deutlich werden. Nun werden wir versuchen ..."
oder
"Wie sich gezeigt hat, kann das theoretische Problem des "bilabialen R" in zwei Richtungen entfaltet werden: Einmal beim kindlichen Spracherwerb und zum anderen in seiner sozio-semiotischen Dimension. Wenden wir uns der ersten Frage zu: ..."
Bisher unerreicht: Max und Moritz:
"Dieses war der erste Streich und der zweite folgt sogleich".
Test: Schreiben Sie zu jedem Kapitel und Abschnitt im voraus schon einmal jeweils die ersten und letzten Sätze (insgesamt auf etwa 1 Seite) zusammen. Überprüfen Sie, ob die Argumentation der Arbeit aus diesem Kurztext eindeutig erkennbar ist. (Siehe Anlage)

Machen Sie Sich rechtzeitig Gedanken über die Umfangsverhältnisse der einzelnen Teile Ihrer Arbeit, damit nicht nachher die Literaturübersicht 2/3 ausmacht und die eigentliche eigene Arbeit nur 1/4 abbekommt.
 

(5) Umgang mit Literatur

In dern meisten Arbeiten stellt man im Abschnitt "Stand der Forschung" (oder ähnlich) wesentliche Literatur kurz dar. Als Reflex auf die meist mühsame Literatursuche und -beschaffung tendiert dieses Kapitel regelmäßig zur Fettleibigkeit oder Informationsarmut:
"Eine hochinteressante Arbeit ist die Dissertation "Goethes Haartracht" von Karl Magerfeld. Dort ist allerdings von Einflüssen auf den Aufbau des "Werther" nicht die Rede"
Auch wenn sich Ihre Mühe leider nicht spiegelt: Lassen Sie alles weg, was unergiebig war. Die dann noch verbleibende Literatur stellen Sie knapp und allein unter dem Aspekt Ihrer Arbeit dar. Vor der Darstellung muß man als Leser wissen, auf welche Frage hin man eine Quelle darstellt:
"In der ansonsten am menschlichen Kauvorgang interessierten Schrift von Jessica Mack-Donhalt findet sich ein für Häsitationen im Dialog wichtiger methodischer Gedanke: "Was tun, wenn der Mund voll ist?
Grundsätzlich gilt: Nur Literatur zitieren, die man wirklich original (nicht zitiert in einem anderen Buch) gelesen hat. Sonst wird man auf unübersehbare Aussagen dieser Literatur festgelegt! Wenn man das Zitat trotzdem braucht, zitiert man mit Formeln wie: (Nach Quiddje1991) .

Test: Überlegen Sie bei jeder Literaturdarstellung, für welchen Abschnitt Ihrer Arbeit sie sie nachher brauchen (und dann sinnvollerweise auch wiederaufnehmend zitieren).

(6) Terminologie


Alle wesentlichen wissenschaftlichen Termini der Arbeit müssen definiert werden (wenigstens der Versuch einer Arbeitsdefinition muß unternommen werden). Es kann durchaus auch eine Definition aus der Literatur, auf die man sich stützt, zitiert werden.

Test: Nehmen Sie die oben genannte Zusammenfassung und prüfen Sie, ob alle verwendeten Termini dieses Textes definiert sind. Über zuviel Definitionsaufwand hat sich noch kein Gutachter beklagt.
 

(7) Schwerpunkt und Nebengedanken

Eher am Rande liegende Themen, die man nicht bearbeitet, nicht wortlos weglassen, sondern mit einer gewissen Plausibilität ausdrücklich ausschließen:
"Hier würde man neben dem Gesagten auch eine Ersrterung über Mickey Mouse erwarten; dabei dürfte aber ein terminologisches Mißverständnis vorliegen: M.M. gehsrt nicht zu den Zwergen im Sinne unserer Definition S. 379."
oder
"Streng genommen müßten wir auch die reale Grsße der Schlümpfe ins Verhältnis zu den figürlichen Abbildungen setzen. Allerdings ist z. Z. über die Grsße von Schlümpfen noch nicht genügend bekannt.
Solche Passagen beweisen, daß man das Problem im größeren Kontext sieht, aber in der Lage ist, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Dasselbe gilt für interessante Nebengedanken, die man ruhig in Klammern oder in einer Fußnote (wenn länger: Exkurs) aufführen sollte.
 

(8) Qualitätskriterien

Hier eine Auswahl von Bewertungskriterien (in unmotivierter Reihenfolge), die Gutachter üblicherweise im Kopf haben:
Thematische Treue, Breite der Bearbeitung, Korrektheit der Darstellung des Sachstandes, Vollständigkeit der Problemsicht, Methodenbewußtsein, Wissenschaftlichkeit, Selbständigkeit, Neuartigkeit, theoretischer und praktischer Wert der Ergebnisse, Anschaulichkeit der Darstellung, Stringenz der Argumentation, Ordnung in der Darstellung.
Dabei gilt folgende Abstufung:
 

(9) Technische Punkte:

Üblich ist heute eine durchgehende Seitenzählung (nicht erst römisch, dann arabisch oder so), die mit der Titelseite beginnt. Man schreibt aber erst auf die erste Textseite die entsprechende Zahl (also nicht "-1-" aufs Titelblatt). Schreibsystemn auf Ihrem Computer lassen sich entsprechend einstellen.

Ein Inhaltsverzeichnis oder eine Gliederung sollte man bei einer stärker gegliederten Arbeit voranstellen.

Untergliederungen dezimal weiterzählen, Überschriften, die Sie in der Gliederung (oder im Inhaltsverzeichnis) benutzt haben, auch genauso in den Text schreiben (also nicht nur die Zählung).

Auf dem Titelblatt von Seminararbeiten muß folgende Information stehen:

Das Bezugsseminar mit Seminarleiter und Semester,
der Titel der Arbeit,
der Name des Autors und
seine Adresse (mit Telefonnummer oder e-mail)
 
Die Zitierweise im Literaturverzeichnis ist nicht genormt. Die Hauptsache ist Eindeutigkeit und Konsequenz. Häufig wird es so gemacht:
 


Beispiele:

Obermoser, Franz Xaver, Asterix und das Sprachproblem. Aurich 1979.

Quiddje, Jan Hinnerk, Über einige Besonderheiten des bilabialen R im südwestlichen bayrischen Wald. In: Eimsbüttler Linguistisches Jahrbuch 15 (1991). Seite 37-399.

Im Text selbst kann man dann auf Literatur wie folgt verweisen:             (vgl. Lagerfeld S. 37)
wenn im Literaturverzeichnis mehrere Bücher desselben Autors vorkommen:
(vgl. Magerfeld, Haartracht S. 37) oder (vgl. Lagerfeld 1974, S. 37)
Die Literaturangaben kann man durchaus im Text in Klammern unterbringen. Fußnoten sind eher für Anmerkungen zur Sache geeignet.

Ansonsten: eine gut lesbar mit der Hand geschriebene Arbeit ist allemal besser, als das Ergebnis eines Kampfs mit dem Computer oder eine inhaltsarme Hausarbeit, die gestylt ist wie eine Bundestagsdrucksache.
 
 

(10) Ein Beispiel für die Anlage einer Arbeit:


Sicher unterscheiden sich Arbeiten im Aufbau ganz erheblich je nach Thema ("Oswald von Wolkenstein und das Diätenproblem" gegenüber "Häsitationen im Unterrichtsgespräch unter besonderer Berücksichtigung des Pausenbrots")

Hier trotzdem zur Orientierung ein praktisches Aufbau- und Gliederungsbeispiel einer Arbeit:
 

Inhalt/Gliederung

  1. Einleitung
  2. Stand der Forschung
  3. Untersuchungsmaterial, (falls vorhanden, bei theoretischen Arbeiten natürlich überflüssig)
  4. Methoden
  5. (Der Titel dieses Teils ist meist ein Teil der Themenformulierung): hier steht die eigentliche "story".
  6. Zusammenfassung
  7. Literaturverzeichnis

(11) Weitere Literatur


Wer es genauer wissen will, kann lesen:
 

Poenicke, Klaus, Die schriftl Arbeit. Materialsammlung und Manuskriptgestaltung für Fach- , Seminar- und Abschlußarbeiten an Schule und Universität. Mannheim 1985.

Ganz genau, aber eigentlich nur von Dissertationen an aufwärts wichtig:

Bangen, Georg, Die schriftliche Form germanistischer Arbeiten. 8. Auflage Stuttgart 1981.
 
 


( Revidiert vH 10/2001)