B. Sprachverarbeitung, wie?
8. Symbolische Signalbeschreibung
Inhalt
Beschreibungsebenen für gesprochene Sprache
Beschreibungseinheiten gesprochener Sprache
Lautarten
Verhältnis zwischen gesprochener und
geschriebener Sprache
Literaturverzeichnis
1. Beschreibungsebenen für gesprochene Sprache
Phonologie: Lehre vom Laut
- Beschäftigung mit den Lauten einer bestimmten Sprache oder Sprachgemeinschaft
Phonetik: Lehre von Lauterzeugung, Lautübertragung und Laut-wahrnehmung
- artikulatorische, akustische, auditive Phonetik hat den Laut an sich zum Gegenstand, unabhängig von einer bestimmten Sprache
Morphologie: Lehre vom Bau der Wörter
- Erfassung der formalen Struktur der Wörter durch die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Sprache
Lexikologie: Lehre von den Wörtern bzw. Lexemen
- Beschäftigung mit (ganzen) Wörtern und Wortbildungsprozessen im Hinblick auf ihre Form, Bedeutung und Herkunft
Syntax: Lehre vom Satzaufbau
- System von Regeln zur Verknüpfung von sprachlichen Zeichen zu Sätzen
Semantik: Lehre vom Inhalt
- Beschäftigung mit der Bedeutung von Wörtern, Sätzen oder Texten
Prosodie: Lehre von Tonhöhe, Intensität und Dauer gesprochener Sprache
- In den meisten europäischen Sprachen beeinflussen diese drei Merkmale nicht die Identität der Wörter, enthalten aber zusätzliche Informationen über das Gesagte (anders ist es z.B. im Chinesischen, wo die Tonhöhe die Identität des Wortes bestimmt)
2. Beschreibungseinheiten
Phone: Laute als kleinste Einheiten, in die sich gesprochene Äußerungen zerlegen lassen (minimale Schalleinheit), ohne Berücksichtigung der Zugehörigkeit zu einer Menge gleichwertiger Laute
Phoneme: Menge von Lauten, die den gleichen Wert haben
- können zwei oder mehrere Phone ausgetauscht werden, ohne daß sich die Bedeutung des Zeichens ändert, in dem sie stehen, gehören diese Phone zum selben Phonem (s in Dose / Hose)
- ändert sich die Bedeutung des Zeichens durch den Tausch zweier Phone, so gehören sie zu unterschiedlichen Phonemen
(D / H in Dose / Hose)
Allophone: verschiedene Phone gehören zum selben Phonem, werden aber niemals als Alternativen verwendet, um zwischen zwei Wörtern zu unterscheiden, die andernfalls gleich sind, z.B.:
- helles und dunkles l (Wortanfang, Wortende)
- aspiriertes und nicht-aspiriertes t (Wortanfang und Wortende)
- uvulares (Zäpfchen) R [R] und apikales (Zungenspitze) R [r]
Morphe: kleinste bedeutungstragende Einheit eines Wortes, die isoliert werden kann (Minimalzeichen), ohne Zugehörigkeit zu einer Klasse gleichwertiger Minimalzeichen
Morpheme: Menge von Morphen, die den gleichen Wert haben, z.B. Morphe: un-glück-lich, Karotte
Morpheme: Pluralendungen, Affixe, Deklinations-/Konjugations-Endungen
Allomorphe: verschiedene Morphe gehören zum selben Morphem, sind also bedeutungsgleich, werden aber niemals alternativ verwendet
- Die Pluralendungen -er, -e, -s, -en sind Allomorphe desselben "Plural-Morphems", wie in Häuser, Bäume, Autos, Autoren
Silben: keine eindeutige Definition, ganz allgemein: Gruppierung von Lauten
- Auditiv: Laute um einen Schalldruckgipfel, die zu einer sprachlichen Einheit höherer Ordnung zusammengefaßt werden
- Artikulatorisch: Geräuschmenge, die von der Luft erzeugt wird, die bei einem einzigen Lungenstoß austritt
- Offene Silbe: endet auf einen Vokal
- Geschlossene Silbe: endet auf einen Konsonanten
- Silbenkern: Vokal / Diphthong
Wörter: keine eindeutige Definition
- Esser (1979): Das Wort ist eine wiederkehrende, isolierbare und im Satz verschiebbare Gruppierung von Lauten, die mittels Wortbetonung integriert wird.
Lexem: Wort als Einheit des Lexikons
- Lexikoneintrag, ohne Berücksichtigung der Formen, in denen das Lexem im Satz erscheinen mag, z.B. ist "Haus" ein Lexem, nicht aber "Hauses"
3. Lautarten:
1) Vokale oder Selbstlaute:
Lautkontinuum (Öffnungsgrad des Mundes, Stellung der Zunge, Formung der Lippen bestimmt den Vokal)
Hell (Vorderzungenvokal): e, i
Neutral: a, schwa
Dunkel (Hinterzungenvokal): o, u
Luftstrom kann ungehindert durch den Mund entströmen
2) Konsonanten oder Mitlaute:
Luftstrom wird teilweise oder ganz gestoppt zwischen Stimmbändern und Lippen
Konsonanten sind entweder stimmhaft oder stimmlos
- 5 Artikulationsarten:
- Plosiv (Verschlußlaut)
: totaler Verschluß im Mund, plötzliches Öffnen
- p, b, t, d, k, g, q
- Frikativ (Reibelaut):
teilweiser Verschluß im Mund, Luft entströmt durch engen Kanal
- f, w, v, j, s, z, c, (y)
- Affrikate
: Plosiv mit anschließendem Frikativ, beide werden am gleichen Artikulationsort gebildet
- tsch, dj, pf
- Nasal (Nasenlaut):
totaler Verschluß im Mund, Luft entströmt durch die Nase
- n, m, ng
- Lateral (Seitenlaut)
: teilweiser Verschluß im Mund, Luft entströmt um die Zunge herum
- l
14 Artikulationsorte:
oral
|
Mundhöhle
|
nasaliert
|
Nase und Mundhöhle
|
nasal
|
Nase
|
uvular
|
Zäpfchen
|
velar
|
weicher Gaumen
|
palatal
|
harter Gaumen
|
alveolar
|
alveolarer Rand
|
dental
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Zähne
|
labial
|
Lippen
|
bilabial
|
beide Lippen
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labiodental
|
Lippen und Zähne
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glottal
|
Stimmlippen
|
apikal
|
Zungenspitze
|
apikodental
|
Zungenspitze und Zähne
|
4. Verhältnis zwischen gesprochener und geschriebener Sprache
geschriebene Sprache nicht einfach nur Übertragung der gesprochenen Sprache in ein neues Medium, denn folgende Unterschiede:
Homographie: zwei Wörter werden gleich geschrieben aber nicht gleich gesprochen, z.B.
read [ri:d] = lesen – read [red] = gelesen
wind [wınd] = Wind – wind [waınd] = winden
compound [‘kàmpnd] = Mischung – compound [kÙ m’pnd] = mischen
Homophonie: zwei Wörter werden gleich gesprochen aber nicht gleich geschrieben, z.B.
piece – peace, meet – meat, seen – scene, das – daß
Die schriftliche Sprache repräsentiert nur teilweise (wenn überhaupt) Tonhöhe und Akzent der gesprochenen Sprache
Wortwahl in gesprochener und geschriebener Sprache unterschiedlich
In einigen Sprachen gibt es eine besonders starke Diskrepanz zwischen Aussprache und Schreibung, z.B. im Englischen und Französischen
5. Literaturverzeichnis
Esser, Jürgen.
1979. Englische Prosodie – Eine Einführung, Tübingen: Gunter Narr Verlag.
Fellbaum, Klaus. 1984. Sprachverarbeitung und Sprachübertragung, Berlin / Heidelberg/ New York / Tokyo: Springer-Verlag.
Gerhardt, Marlis (wiss. Redaktion). 1973. Funk-Kolleg Sprache: Eine Einführung in die moderne Linguistik Band I, Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
Holmes, John N. 1991. Sprachsynthese und Spracherkennung, München: R. Oldenbourg Verlag.
Kürschner, Wilfried. 1989. Uni-Taschenbücher 1526: Grammatisches Kompendium, Tübingen: Francke Verlag.
Lyons, John. 1984. Einführung in die moderne Linguistik, München: Verlag C.H. Beck.
Todd, Loreto. 1995. An Introduction to Linguistics, Harlow: Longman York Press.
Welte, Werner. 1974. Moderne Linguistik: Terminologie/Bibliographie – Teilband I: A-M, München: Max Hueber Verlag.
Welte, Werner. 1974. Moderne Linguistik: Terminologie/Bibliographie – Teilband II: N-Z, München: Max Hueber Verlag.